Rat der EU nimmt Empfehlung zu besseren Rahmenbedingungen für die Sozialwirtschaft an

Der Rat der Arbeits- und Sozialminister*innen nahm in seiner Sitzung diese Woche die finale Fassung einer Empfehlung zu besseren Rahmenbedingungen für die Sozialwirtschaft an.

Die Empfehlung stellt vor allem die Rolle der Sozialwirtschaft bei der Förderung der sozialen Inklusion benachteiligter Gruppen und ihres Einstiegs in den Arbeitsmarkt in den Vordergrund. Diese Rolle möchten die Mitgliedstaaten gestärkt sehen und empfehlen dafür Maßnahmen auf nationaler Ebene.

Diese sollen Folgendes bewirken:

  • die Erleichterung des Zugangs sozialwirtschaftlicher Einrichtungen zu Finanzmitteln, zu Märkten und zu öffentlichen Aufträgen
  • eine bestmögliche Nutzung der Regeln für staatliche Beihilfen und Entwicklung eines günstigen Steuerumfelds sowie
  • eine höhere Sichtbarkeit und Anerkennung der Sozialwirtschaft.

Als „Sozialwirtschaft“ werden in diesem Text Einrichtungen privaten Rechts definiert, die Waren und Dienstleistungen für ihre Mitglieder oder die Gesellschaft anbieten. Es handelt sich, so lautet die Formulierung, um Organisationsformen wie Genossenschaften, Gegenseitigkeitsgesellschaften, Vereine (einschließlich Wohlfahrtsverbände und Wohltätigkeitsorganisationen), Stiftungen oder Sozialunternehmen, oder andere Rechtsformen, deren Tätigkeit auf zentralen Grundsätzen und Merkmalen beruht.

Zu den Grundsätzen gehören nach Auffassung des Rates vor allem

  • der Vorrang des Menschen sowie des sozialen oder ökologischen Zwecks vor dem Gewinn,
  • die Reinvestition aller Gewinne oder des größten Teils der Gewinne und Überschüsse zugunsten ihrer sozialen oder ökologischen Zwecke und zur Durchführung von Aktivitäten im Interesse ihrer Mitglieder/Nutzer*innen und
  • eine demokratische oder partizipative Führung von Unternehmen.

In dieser sehr umfassenden Empfehlung des Rates zur Entwicklung der Rahmenbedingungen für die Sozialwirtschaft wird auf eine Reihe von Themen eingegangen, in denen die Staaten günstigere Rahmenbedingungen für erforderlich halten. Ziel ist es, das Potential der Sozialwirtschaft zur Förderung des Zugangs zum Arbeitsmarkt, der sozialen Inklusion, der Kompetenzentwicklung, des territorialen Zusammenhalts, des Demokratie, der Klimaneutralität und der nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung zu stärken.

Für die Sozialwirtschaft, die es in allen Wirtschaftssektoren geben könne, würden zahlreiche horizontale und sektorale Politiken und Bestimmungen gelten, argumentieren die Autor*innen, weshalb im Hinblick auf günstige Rahmenbedingungen die besonderen Merkmale der Sozialwirtschaft und die zusätzlichen Hindernisse berücksichtigt werden müssten, mit denen sozialwirtschaftliche Einrichtungen in ihrer Entwicklung konfrontiert sind. Diese würden sie in ihren Möglichkeiten beschränken, neben klassischen Unternehmen tätig zu sein, heißt es weiter.

Neben vielen anderen Aspekten wird auch die finanzielle Unterstützung durch die öffentliche Hand angesprochen, der eine wichtige Bedeutung besonders in der Anlauf- und Entwicklungsphase von sozialwirtschaftlichen Einrichtungen zugewiesen wird. Sozialwirtschaftliche Einrichtungen hätten im Allgemeinen größere Schwierigkeiten beim Zugang zu Finanzmitteln als andere Unternehmen, lautet die Begründung. Es wird dabei auf eine Analyse der Finanzmärkte für Sozialunternehmen hingewiesen die zeigt, dass für Sozialunternehmen in der Union beim Zugang zu Fremd- und Beteiligungskapital nach wie vor ein Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage nach Finanzmitteln besteht.

Der Rat listet in seinem Dokument auf die vielfältigen EU-Fördermöglichkeiten zur Unterstützung der Sozialwirtschaft hin, wozu der Europäische Sozialfonds neben den anderen Strukturfonds gehört.

Der Rat weist in diesem Zusammenhang auch auf die Plattform Fi-Compass der Europäischen Kommission hin, über die Beratung und Unterstützung bei der Gestaltung von strukturpolitischen Förderprogrammen geleistet werde. Es wird angeregt, dass die Mitgliedstaaten, einschließlich regionaler und lokaler Gebietskörperschaften, diese Möglichkeiten besser nutzen, indem sie spezifische Maßnahmen für die Sozialwirtschaft ergreifen.

Weiter wird empfohlen, dass die EU-Länder Investitionen tätigen, die das Verständnis öffentlicher Bediensteter und Behörden für die Sozialwirtschaft verbessern, und zwar durch Schulungsprogramme und transnationale oder interregionale Initiativen zum Kapazitätsaufbau.

Außerdem soll ein günstiges Umfeld für die Sozialfinanzierung geschaffen werden, u.a. durch eine bestmögliche Nutzung der Strukturfonds und der Möglichkeiten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge

Weitere Empfehlungen beziehen sich auf die Ausgestaltung und Gewährung von öffentlichen Beihilfen und einer die Sozialwirtschaft fördernden Steuerpolitik durch die Mitgliedstaaten.

Vor dem Hintergrund einer besseren Anerkennung von Sozialunternehmen regt der Rat an, eine europäische Studie über nationale sozialwirtschaftliche Gütesiegel/Zertifizierungssysteme durchzuführen, in der die bestehenden Initiativen erfasst und bewährte Verfahren sowie gemeinsame Merkmale und Kriterien bestimmt werden. Nach Auffassung der EU-Institution könnte die Untersuchung ein gemeinsames Konzept und Leitlinien zum Ergebnis haben und den Mitgliedstaaten für eine freiwillige gegenseitige Anerkennung dienen.

European Consulting Group