Beschäftigungspolitische Empfehlungen der EU an die Mitgliedstaaten überarbeitet

Vorgestern legte die Europäische Kommission in Brüssel ihr sogenanntes Frühjahrspaket des Europäischen Semesters vor, dass die Aufrechterhaltung einer grünen und nachhaltigen Erholung angesichts zunehmender Unsicherheit zum Motto hat.

Das Paket enthält eine Analyse der finanz-, wirtschafts- und sozialpolitischen Situation in der Union und beleuchtet die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie und der anhaltenden russischen Invasion. Die daraus gezogenen Schlussfolgerungen und Empfehlungen der EU-Behörde für das politische Handeln der EU-Länder soll als Unterstützung verstanden werden. Vor diesem Hintergrund werden die vielfältigen Anregungen auch als Orientierungspunkte für die Umsetzung der Aufbaupläne und der Europäischen Strukturfonds verstanden.

In ihrer Mitteilung zum Europäischen Semester 2022 beschreibt die Kommission die Perspektiven für die gesamte EU, in den länderspezifischen Empfehlungen sagt sie, welche politischen Schwerpunkte sie für die einzelnen Staaten für wichtig hält.

Die Bereiche Arbeitsmarkt, Bildung und Soziales werden vor allem in den beschäftigungspolitischen Leitlinien thematisiert, die ebenfalls den Handlungsbedarf für die Gemeinschaft beschreibt und in diesem Jahr seit langem erstmals wieder angepasst werden. Die Kommission möchte die Beschäftigungspolitik der EU stärker auf die sozial gerechte Gestaltung des ökologischen und des digitalen Wandels ausrichten und die Auswirkungen der russischen Invasion in der Ukraine für die Arbeitsmärkte und soziale Sicherheit in den Mitgliedstaaten berücksichtigen.

Beschäftigungsverlagerungen, tiefgreifende Veränderungen im Geschäftsbetrieb sowie Geschäftsmodellen, Arbeitskräftemangel und die berufliche Integration von spezifischen Zielgruppen sind nur einige der Stichworte, die in den beschäftigungspolitischen Leitlinien 2022 aufgegriffen sind.

Die beiden Kommissare Valdis Dombrovskis uand Paolo Gentiloni stellen das Semesterpaket 2022 vor. Quelle: Europäische Kommission

Die EU-Behörde sieht kontinuierliche Reformen und Investitionen der Mitgliedstaaten für die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze, die Entwicklung von Kompetenzen sowie reibungslose Arbeitsmarktübergänge als entscheidende Lösungsansätze aktueller Probleme an.

Die Mitgliedstaaten sollten ihre Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung anpassen und in sie investieren, schreibt sie, um hochwertige und integrative Bildung, einschließlich beruflicher Aus- und Weiterbildung, Zugang zu digitalem Lernen und Sprachunterricht (z. B. im Falle von Flüchtlingen, auch aus der Ukraine) sicher zu stellen. Sie sollte mit den Sozialpartnern, Anbietern von allgemeiner und beruflicher Bildung und weiteren Akteuren zusammenarbeiten, um die strukturellen Schwächen der Ausbildungssysteme anzugehen und ihre Qualität und Arbeitsmarktrelevanz zu verbessern. Und dabei soll gerade auch die Digitalisierung und Klimaneutralität in den Blick genommen werden. Individuelle Bildungsansprüche und persönliche Lernkonten hebt sie hervor und die Notwendigkeit, die Übertragbarkeit bei beruflichen Übergängen zu gewährleisten.

Der für Beschäftigung und Soziales zuständige Kommissar Nicolas Schmit sagte aus Anlass der Vorstellung des Semesterpakets: „Die beschäftigungspolitischen Leitlinien der Kommission sind ein wesentlicher Aspekt für die Prioritätensetzung und Koordinierung der beschäftigungs- und sozialpolitischen Maßnahmen der Mitgliedstaaten. Nach der Pandemie müssen die Union und ihre Mitgliedstaaten unbedingt dafür Sorge tragen, dass der ökologische und der digitale Wandel sozial gerecht verlaufen. Die Leitlinien der Kommission 2022 ebnen den Weg für die Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen und die Förderung der sozialen Gerechtigkeit. Dazu gehört auch die Unterstützung von Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen, bei der Integration in den Arbeitsmarkt.“

In diesem Sinne wird Deutschland unter anderem empfohlen, den Steuermix zu verbessern, um ein inklusiveres und nachhaltigeres Wachstum zu erreichen, insbesondere durch bessere steuerliche Anreize zur Erhöhung der Arbeitszeit. Außerdem solle es seinen Aufbau- und Resilienzplan gemäß den festgelegten Etappenzielen und Zielwerten weiter durchführen und die Verhandlungen mit der Kommission über die Programmunterlagen der Kohäsionspolitik für 2021–2027 rasch abschließen. Die einzelnen Empfehlungen an alle Staaten, die auf Nationalen Berichten basieren, sind hier nachzulesen.

Diese Ratschläge müssen nun noch die Zustimmung des Rates der EU finden.

Für mehr Hintergründe gibt es neben den vielfältigen Einzeldokumenten ein Questions&Answers Papier.

European Consulting Group